Spurführung

Die Spurführung erfolgt bei Eisenbahnen durch stählerne Leitwege (Schienen) und entsprechend geformte Räder, die ebenfalls aus Stahl sind. Man spricht deshalb auch vom Rad/Schiene-System.

Bei allen Bahnen begrenzen Spurführungseinrichtungen das Seitenspiel der Fahrzeuge auf der Fahrbahn auf sehr geringe Werte. So darf das seitliche Spiel der Radsätze im Gleis laut EBO zwischen 4 mm und 60 mm betragen.

Bei der Eisenbahn ist die Spurführung mit ihrem geringen Seitenspiel die wesentliche Voraussetzung dafür, Züge bilden zu können, die – abhängig von anderen Voraussetzungen – durchaus mehrere Kilometer lang und bis zu ca. 20.000 Tonnen schwer sein können. Obwohl bei sehr langen Zügen mehrere Lokomotiven zum Einsatz kommen, die zur Begrenzung der Zughakenlast auch im Zug oder am Zugschluss laufen, können diese von einem Triebfahrzeugführer von der Spitze aus gesteuert werden. In dieser Personaleinsparung liegt ein großer Systemvorteil der Eisenbahn.

Für Eisenbahnen sowie für Straßen-, Stadt- und U-Bahnen hat sich das Spurführungsprinzip durch Spurkranzräder mit konischem Fahrflächenprofil bewährt. Eine derartige Formgebung führt zu folgendem Wirkungsmechanismus:

  • Die Konizität der Räder und die Fahrflächenneigung der Schienen im Rad/Schiene-Kontakt ist für das selbstzentrierende Verhalten des Fahrwerks im Spurkanal von geraden Gleisen wesentlich.
  • Die Spurkränze der Räder sind demgegenüber vor allem für das Durchfahren von Gleisbögen mit kleinen Radien erforderlich. Sie bilden dabei einen formschlüssigen Anschlag mit der Schiene, was die Querbewegungen des Fahrwerks zur vorgegebenen Linienrichtung des Fahrweges stark begrenzt. Dieser Anschlag ist funktional vorgesehen. Dies hat zwar eine erhöhte Beanspruchung zur Folge, führt aber nicht zum Verlust der Spurführung beim weiteren Fahren.
Prinzipzeichnung der Berührung von Radprofil mit Spurkranzkuppe und Schienenkopf
Die Anbringung der Spurkränze auf der Radinnenseite verhindert ein Abgleiten des Rades von der Schiene nach außen.
© VDV
Zeichnung zur Veranschaulichung der Kräfte am Radsatz bei Überhöhung
Kräfte am Radsatz im überhöhten Gleisbogen
© Haigermoser

Spurkränze

Die Spurkränze befinden sich an den Rädern innen liegend, d. h. zur Fahrzeug-Längsmittellinie hin. Ein Kontakt der Spurkranzflanken mit der Schiene findet daher immer auf der zur Gleismitte gerichteten Innenseite der Schienen statt, die somit die Fahrflanke bildet.

Bei der Führung durch Gleisbögen tritt das Anfahren des Spurkranzes gegen die Schienenfahrflanke vornehmlich bei den im Bogen außen liegenden Schienen auf.

Die innen liegenden Spurkränze führen dazu, dass im Fall eines Anfahrens des Spurkranzes gegen die Schienenfahrflanke das zugehörige Rad (anders als bei außen liegenden Spurkränzen) zusätzliche Kraftkomponenten erhält.

Diese zusätzlich auf das führende Rad wirkenden Radaufstandskräfte bei Durchfahrung eines Gleisbogens entstehen aus Momenten der Achslagerquerkräfte um die Fahrwerkslängsachse sowie aus Momenten der Fliehkräfte, die oberhalb des Flankenkontakts von Spurkranz und Schiene angreifen. Da diese Momente im Bogen nach außen gerichtet wirken, entsteht ein entsprechendes Reaktionsmoment der Radaufstandskräfte. Dabei werden die bogenaußen fahrenden und führenden Räder zusätzlich mit der Aufstandskraft. Das hat den Vorteil, dass sich damit die Sicherheit gegen Entgleisen erhöht. Die im Bogen innen fahrenden Räder werden entlastet.

Sind im Bogen neben der Innenschiene Leiteinrichtungen vorhanden, dann können diese die Führungskräfte übertragen, indem die Räder mit ihrer Spurkranzrückenflanke oder ihrem Radrücken gegen diese anfahren. Dies hat den Nachteil, dass dann die auf der Bogen-Innenschiene fahrenden Räder bei gleich hohen seitlich wirkenden Führungskräften mit geringeren vertikalen Radaufstandskräften beaufschlagt sind als die im Bogen außen fahrenden Räder. Sofern die geringere Radaufstandskraft gegenüber dem auf der Bogen-Außenschiene fahrenden Rad nur einige Prozent ausmacht, ist dies bei ausreichender Sicherheit gegen Entgleisen unerheblich.

Einfluss der Spurführung auf den Fahrweg

Die auf den Fahrweg einwirkenden Spurführungskräfte ergeben sich aus der Wechselwirkung zwischen Fahrzeug und Fahrweg. Die Größe der infolge der Spurführung auftretenden Kräfte wird durch die Linienführung des Fahrweges maßgeblich beeinflusst. Insbesondere treten systembedingt Reaktionskräfte beachtlicher Größe auf, je schneller ein Richtungswechsel erfolgt und je kleiner die Bogenradien sind.

Sichere Spurführung

Die sichere Spurführung erfordert, dass eine Radachse möglichst ununterbrochen an beiden Seiten geführt wird. Im durchgehenden Gleis wird dies durch die von den Spurkranzstirnflanken angefahrenen innen liegenden Fahrflanken der beiden Schienen gesichert.

In Weichen und Kreuzungen gibt es jedoch im Bereich der Herzstücke Unterbrechungen der Fahrflanken, die nicht in jedem Falle durch die Sehnenlänge an der Spurkranzstirn auf Höhe der Berührungslinie von Spurkranz und Schienenfahrflanke sicher überdeckt werden. In diesen Fällen liegen sogenannte führungslose Strecken vor. In Weichen wird eine unterbrechungsfreie Spurführung durch zusätzliche Radlenker gewährleistet.

Zusammengefasst gilt für den Weichenbereich: Die sichere Führung der Spurkranzstirn ist immer dann gegeben, wenn in Richtung der Querbewegung das Leitmaß der zu einer Rad-Achse gehörenden Räder größer ist als die Leitweite. Ist in Richtung der Querbewegungen einer Rad-Achse das Leitmaß der zugehörigen Räder kleiner als die Leitweite, so ist die Spurführung zwischen dem Radlenker und der Spurkranzrückenflanke bzw. des Radrückens gegeben.

Radsatz in Gleisüberhöhung

Um die auf den Fahrgast wirkende Querbeschleunigung zu reduzieren, ist im Gleisbogen das Gleis meist überhöht. Überhöhung bedeutet, dass die äußere Schiene gegenüber der inneren um ein Maß ü höher liegt. Das Gleis ist also um den Winkel δ geneigt.

Empfohlene Fachliteratur:

Hansmann, Fabian; Nemetz, Wolfgang, Der Gleislage auf der Spur
https://www.pmcmedia.com/programm/rail/330/der-gleislage-auf-der-spur

Jänsch, Eberhard; Lang, Hans Peter; Nießen, Nils (Hrsg.), Handbuch Das System Bahn
https://www.pmcmedia.com/neuerscheinungen/427/handbuch-das-system-bahn?c=10

Wittenberg/von Lüpke/Zwanziger/Heinrichs (Hrsg.), Kommentar zur Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO)
https://www.pmcmedia.com/neuerscheinungen/422/kommentar-zur-eisenbahn-bau-und-betriebsordnung-ebo